„Flatten the curve“
Überlagerung von Raum-Messkurven

„Flatten the curve“

Eines vorweg: Es geht hier nicht um eine Pandemie! Denn, je nach dem wann Sie diesen Beitrag lesen, werden Sie die Überschrift vermutlich unterschiedlich deuten – verfasse ich diesen Beitrag doch mitten in der Corona-Pandemie (wobei es SARS-CoV2-Pandemie lauten müsste). Es geht jedoch vielmehr um „Tontechnik„…

Wer im Tonstudio (auch im kleinen Heimstudio) Musik abmischt, der benötigt neben vielfältigem Equipment zur Klangerzeugung (Instrumente, Hard- und Software) auch geeignete Lautsprecher – in diesem Fall Studiomonitore. Studiomonitore zeichnen sich – unter anderem – durch einen weitestgehend linearen Frequenzverlauf aus. Ziel ist es, eine Abhörsituation zu erreichen, die eine neutrale Bewertung der selbst produzierten Musik zu erreichen. Warum dies wichtig ist und zudem nicht so einfach zu erreichen ist, möchte ich in diesem Beitrag eingehender beschreiben und meine persönlichen Tipps zur optimierung erläutern.

Bevor ich jedoch den falschen Eindruck ereichbarer Perfektion erwecke noch ein Wort der Warnung für all jene, die sich zu sehr dem „absoluten“ verschrieben haben. Musik ist weit mehr als die physikalische Beschreibung von Dichteschwandungen – dies ist Schall letztlich. Musik ist, was wir als akustische Wahrnehmung verstehen und die Verarbeitung dieser Information in unserem Gehirn ist ein äußerst komplexer Prozess. Unser Gehirn interpretiert alle Sinneseindrücke basierend auf individuellen Eigenschaften jedes Menschen. Musik ist wie eine Sprache, sie erzählt Geschichten und transportiert emotionen. Das bedeutet auch, dass jeder eine andere Wahrnehmung besitzt und ein Vergleich nur unter bestimmten, technischen Aspekten möglich ist. Technisch lassen sich Frequenzen und Frequenzverläufe präzise darstellen, bewerten und manipulieren. Ob das am Ende aber zu einem guten Klan führt, ob dies jedem unterschiedlichen Zuhörer zusagt und ob das berechnete Optimum letztlich auch erreichtwerden kann und soll, das sind ganz andere Fragen. Soll heißen: Werden Sie nicht zu technisch, zu präzise und vor allen; werden Sie nicht überkritisch. Kein Tonstudio der Welt ist „klinisch perfekt“. Einige der bekanntesten und besten Tonstudios sind aufgrund ihres unverwechselbaren Charakters etwas besonderes – ebenso wie der Mensch. Wir alle sind individuelle Besonderheiten und sollten so geschätzt werden wie wir sind. Aber nun zum „technischen“ Teil:

Ein Ziel setzen

Wer gerne Musik hört, genießt diese meist aus Hifi-Lautsprechern oder Kopfhörern die darauf ausgelegt sind, die Musik eindrucksvoll und für das Ohr wohltuend auszugeben. Hier gibt es viele verschiedene Herangehensweisen der Hersteller und noch weitaus mehr persönliche Vorlieben. Was diese Schallerzeuger jedoch alle gemein haben ist ein nicht-linearer Frequenzverlauf. Dies ist hierbei kein Fehler, sonder den Hörgewohnheiten und der Funktionisweise unserer Hörwahrnehmung geschuldet. Ganz nach individuellen Bedürfnissen sucht sich jeder Musikliebhaber die passenden Lautsprecher und Kopfhörer heraus, die nach seiner Wahrnehmung am besten klingen. Um jedoch Musik so zu produzieren, dass sie auf allen widergabegeräten gut klingt, kann man ein solches Widergabesystem nicht verwenden. Dies hätte zur Folge, dass die produzierte Musik sehr stark von den Hörgewohnheiten und den Lautsprechern des Toningenieurs oder Künstlers „gefärbt“ wäre. Sicher, dies ist ohnehin nicht zu vermeiden, doch ein geschultes Gehör benötigt eine verlässliche und möglichst neutrale Widergabe dessen, was man gerade produziert.

Ob etwas gut klingt, ob man die Musik als angenehm empfinden oder gar als furchtbar, ist eine individuelle Frage. Dies spielt bei der professionellen Bewertung allerdings keine Rolle. Hier ist es wichtig, dass die Abhörsituation ein möglichst unverfälschtes und neutrales Klangbild erzeugt. Die Hersteller von Studiomonitoren haben hier in den letzten Jahrzehnten sehr gute Ergebnisse erzielt. Unglücklicherweise nutzt einem ein maximal linearer Lautsprecher alleine nur wenig. Die Linearität ist zwar ein wesentliches Merkmal solcher Lautsprecher, sie erzielen diesen Spektralverlauf jedoch nur in einem schalltoten Ruam (in englisch „anechoic chamber“ genannt) Diese Räume ermöglichen es, Messungen der tatsächlichen Klangerzeugung durchzuführen. Unglücklicherweise sind uns jedoch die Naturgesetze (Physik) im Weg wenn es um die Frage geht, wie sich das Klangbild und der Frequenzgang in dem von uns verwendeten Raum verhalten.

Zunächst müssen wir unseren Blickwinkel ändern um zu verstehen, womit wir es eigentlich zu tun haben. Ohne unnötig tief in die Physik einzutuachen möchte ich kurz erklären, was Musik, was Klang, was Schall eigentlich ist. Schallwellen sind Druckwellen, also Druckveränderungen der Luft die uns umgibt. Die Membran eines Lautsprechers bewegt die Luft hin und her. Da Luft komprimierbar ist (man kann sie also zusammendrücken, wie in einer Luftpumpe), entwickelt sich durch die Schwingbewegung der Membran eine Druckwelle, die sich vom Lautsprecher fort bewegt. Unser Ohr ist ein hochempfindlicher Drucksensor der schnelle veränderungen im Luftdruck erfassen kann. Unser Gehirn macht daraus das, was wir ein „Geräusch“ nennen. Das ist zwar sehr vereinfacht ausgedrückt, genügt aber vorerst.
Schallwellen breiten sich immer in alle Richtungen gleichzeitig (Sphärisch oder auch Kugelförmig) aus, wenn sie nicht daran gehindert werden. Eine stabile Wand (Beton, Ziegel, etc.) kann die Schallwelle jedoch nicht einfach durchdringen, sie prallt von ihr ab (reflexion). Weichere Materialien wie z.B. Holz, Rigipsplatten, Karton, bestimmte Kunststoffe oder Gummi, Textilien, etc. nehmen einen Teil der Schallenergie auf und absorbieren diese, sodass nur ein kleinerer Teil des Schalls von ihnen reflektiert wird. Manche Oberflächen (im Grunde alle, welche die Form dünner Platten haben) können dann noch durch die Schallwelle in Eigenschwingung versetzt werden. Dies nennt man dann Resonanz. Hierdurch erzeugt diese Oberfläche von selbst eine Schallwelle, genauso wie dies die Lautsprechermembran macht. Hinzu kommt, dass sich Schallwellen vergleichbar verhalten wie ein Lichtstrahl der auf einen Spiegel fällt – nämlich „Einfallswinkel gleich Ausgangswinkel“. Von den Oberflächen der Objekte in einem Raum werden die ankommenden Schallwellen somit in unterschiedlcihe Richtungen abgelenkt. Ist diese Ablenkung sehr stark unterschiedlich, spricht man von „Diffusion“. Das alles kann sowohl auf der Oberfläche von Materialien passieren, als auch in der Tiefenstruktur des Materials. Und um das ganze noch weiter zu „verkomplizieren“ hat sich die Natur einfallen lassen, dass Wellen – wenn sie sich begegnen – sich gegenseitig verstärken, abschwächen oder gar auslöschen können. Zu guter letzt ist das alles dann noch abhängig von der Geschwindigkeit der Druckunterschiede – also der Frequenz der Schallwellen.

Mit dem Wissen, dass Schallwellen die von unseren Lautsprechern kommen, an Wänden und Möbeln sowie großen und kleinen Gegenständen zum Teil reflektiert und unterschiedlich absorbiert werden, zum Teil resonanzschwingungen erzeugen und eine gewisse streuung (diffusion) entsteht, kann man sich vorstellen, dass Schallwellen die unsere Ohren erreichen, bereits nach kurzer Zeit nicht mehr dem entsprechen, was ursprünglich aus dem Lautsprecher heraus kam. Die Folge ist, dass der Klang in einem Raum an jeder Stelle anders zu sein scheint. Auch unmittelbar vor den Lautsprechern ist so kein linearer Frequenzverlauf mehr vorhanden. Je ungünstiger die akustischen Eigenschaften eines Raumes, desto stärker wird der Frequenzverlauf „verbogen“.

Raumbehandlung

Wir sind somit beim Themen-Kern angekommen. Viele betrachten nur die eingesetzte Technik und missachten die Raumakustik. Hochwertigste Audio-Interfaces, Mischer, teure Software und hochwertige Leitungen finden sich in vielen Heimstudios. Das alles ist nur dann zielführend, wenn auch der Raum selbst akustisch optimiert wird – soweit nötig und möglich. Beim planen professioneller Tonstudios wird dies von vornherein berücksichtigt. Aufnahmeräume und Regieräume werden hier ihren Funktionen gerechtwerdend konzipiert. Im Heimstudio hingegen muss man meist „All in One“ denken und viele Kompromisse eingehen. Hier wird man keine „Perfektion“ erreichen können, doch man kann viele Unzulänglichkeiten verbessern und sich einem „Situationsoptimal“ annähern. Dazu ist es wichtig zu wissen, welche aktustischen Probleme der Raum hat, was man erreichen möchte und wie man dies bewerkstelligen kann.

Und gleich mal im Klartext: Eierkartons an die Wände kleben bringt akustisch keine Vorteile, auch wenn dies früher mal „in Mode“ war. Es gibt eine vielzahl Mythen und Legenden rund um das Thema Raumakustik. ich kann hier nur jedem empfehlen sich intensiv damit zu beschäftigen, Fachliteratur zu lesen und sich anzusehen und anzuhören, was erfahrene Akustiker und Tontechniker zu diesen Themen sagen und schreiben. Es ist aber nicht zwingend nötig daraus ein komplettes Studium zu machen – wir wollen einen „Hobbyraum“ optimieren und eben kein Tonstudio für den professionellen Einsatz bauen. Sicher, wir möchten „wertige Musik“ produzieren, aber dabei bitte realistisch bleiben. Wer sich mehr leisten kann und will, der darf das selbstverständlich tun.

Es wäre vermessen nicht zu messen oder das messen zu vergesssen… was bedeutet, wir benötigen Messtechnik; aber auch ein gesundes Hörvermögen. Technik ist nicht alles, gerade wenn es um den Klang geht.
Wenn wir wissen wollen wie es um unsere Raumakustik steht, können wir unserem Gehör durchaus etwas zutrauen, doch eine korrekte Messung zeigt uns die Problemstellen präziser auf. Unter zuhilfenahme eines „richtigen“ Messmikrofons (nicht irgendein beliebiges) und einer Analysesoftware (z.B. der kostenlose „REW“ Room EQ Wizard) kann jeder am Computer seine Raumakustik angemessen ausmessen. Das Ergebnis einer solchen Messung zeigt die Schalldruckpegel zum Frequenzgang am Aufnahmepunkt. Üblicherweise sieht man dann eine wilde Kurve mit Bergen und Tälern. Das ist zwar normal, doch kaum gewünscht, wenn man einen linearen Frequenzgang anstrebt. Starke Anhebungen oder Absenkungen der Pegel deuten auf Probleme mit der Raumakustik hin. Alles was sich im Bereich +-3 dB bewegt kann man „Zuhause“ durchaus noch tolerieren. Wer jedoch etwas genauer ist, bekommt bereits bei +-1 dB nervöse Zuckungen. Es hängt davon ab, inwiefern Abweichungen tatsächlich ein Problem darstellen und was physikalisch/technisch möglich ist. Gerade tiefe Frequenzen zwischen 20 Hz und 150 Hz sind oft stark überbetont oder gedämpft. Dies liegt an „stehenden Wellen“, auch „Raummoden“ genannt die auftreten, wenn die Wellenlänge einer Frequenz mit dem Abstand zweier gegenüberliegender Wände korelliert. Welche Frequenzbereiche hier Probleme machen hängt daher mit der Raumgröße zusammen. Schall wird – wie vorab erklärt – an harten Flächen wie Wänden reflektiert. Da sich Schallwellen in der Luft mit rund 343 Meter pro Sekunde ausbreiten (bei 20 °C mit 343,2 m/s oder 1236 km/h) und wir so über die Frequenz ausrechnen können wann es zu einer Raummode kommt, sind die problematischen Frequenzen eines kleinen Raumes – wie wir ihn meist in Wohnräumen finden – in dem genannten Frequenzbereich zu finden und zu berechnen. Als Beispiel wäre eine typische Raummode bei einem Wandabstand von 4 Metern bei 85,75 Hz zu finden (Berechnung: 343 m/s : 4 m = 85,75 Hz). Berechnen sollte man hier die Frequenzen der Hauptmoden zwischen beiden Wandflächen sowie Boden und Decke, also mindestens drei Moden. Es gibt natürlich noch weitere die störenden Einfluss haben können, dafür gibt es im Web einige Moden-Rechner die einem das Leben deutlich vereinfachen. In diesem Artikel soll es aber zunächst um das grundlegende Verständnis gehen.

Wenn sich in der Messung starke Abweichungen in höheren Frequenzbereichen (oberhalb 1000 Hz) zeigen, lassen diese sich leicht durch den Einsatz poröser Absorber behandeln. Poröse Absorber bestehen aus geschäumten oder faserigen Werkstoffen (Schaumstoffe, Vliese, Glas- oder Steinwolle, Holzfasern, Textilien, etc.). Je dicker diese sind, desto stärker dämpfen diese den Schall und desto niedriger ist deren wirksame Frequenz. Einige Absorber können dadurch auch weit unter 1000 Hz eine gute Dämpfung erreichen, jedoch leigen die Materialstärken dann bei 10 cm und mehr. Daher können die wirklich tiefen Frequenzen (in denen sich meist die Raummoden befinden) damit nur schwer bedämpft werden, außer, man setzt auf große Volumina und findet dafür ausreichend Platz im Raum. Poröse Absorber arbeiten sehr breitbandig, das bedeutet, dass ein großer Frequenzbereich damit gedämpft wird (Typischerweise alles oberhalb 1000 Hz).
Zur gezielten Bekämpfung sehr nidriger Frequenzen (aber durchaus auch höreren) werden Resonatoren eingesetzt die sehr schmalbandig und präzise arbeiten. Hier ist es meist weniger die Bautiefe sondern die benötigte Fläche die man benötigt. Hier gibt es verschiedene Bauformen wie z.B. den Helmholz-Resonator oder Membranabsorber. Diese Bautypen finden sich jedoch aufgrund ihrer Kosten und der individuellen Herstellung eher selten im Heimbereich. Auf dieses Thema komme ich später noch einmal zurück.

Unabhängig von der Frage, welche Frequenzen am Abhörplatz über- oder unterbetont sind, spielt auch die sogenannte Hallfahne oder Nachhallzeit eine wichtige Rolle. Nicht nur ein unlinearer Frequenzgang stört die Klangbewertung, auch zu lange Echos sind problematisch. In vielen Wohnräumen finden wir Nachhallzeiten von 0,6 s bis zu mehreren Sekunden. Je größer das Raumvolumen, desto länger die Nachhallzeit (Extrembeispiel wäre hier eine große Kirche oder eine Sporthalle). Um die Impulsfreudigkeit der Bässe, die feinen Gradienten des Schlagzeugs oder der E-Gitarre auch gut hören zu können, wäre ein langer Nachhall sehr störend, da dadurch der Ton verwaschen und matschig klingen würde. Daher strebt man eine Nachhallzeit von unter 0,3 Sekunden (oder 300 Milisekunden) an. Hier können poröse Absorber wahre Wunder wirken und sind daher in praktisch jeder Umgebung nützlich.

Kommen wir hier mal zur Praxis im privaten Umfeld. Wenn dir alle verfügbaren Wände nun flächendeckend mit Schallabsorbern ausstatten würden, wäre dann nicht ein ideale Raumakustik geschaffen? Leider nicht, denn wie so oft ist es eine Frage der Dosierung. Würde man einen Raum zu stark dämpfen, hätten wir das unangenehme Gefühl von „Druck auf den Ohren“, es gäbe im Extremfall keine Reflexionen mehr und unsere Klangwahrnehmung wäre extrem eingeschränkt. Zwar würden wir nun am Abhörplatz den Klang der Lautsprecher recht pur wahrnehmen können (was von der Linearität eigentlich unser Ziel wäre), doch fehlten viele andere Aspekte der Klangwahrnehmung. Unter solchen extremen Bedingungen ließe sich auch nicht vernünftig arbeiten. Einen gewissen Anteil an Reflexion benötigen wir immer. Es kommt also auf die Menge an und vor allem auch auf eine gezielte Wirkung. Auch hier hängt es wieder stark vom Raum ab. Die Geometrie des Raumes bestimmt, wie wir vorgehen müssen. Dies alleine wäre Stoff für ein ganzes Buch, daher möchte ich auch das nur allgemein beschrieben.

Und, da ich dies so gerne schreibe, ein weiterer Warnhinweis an alle Erbsenzähler (wie ich es auch gerne mal bin). Hier geht es nicht um eine absolut korrekte berechnung und optimierung. Einen Raum akustisch präzise einzumessen und zu behandeln ist eine hochkomplexe Angelegenheit mit viel Mathematik, Fachwissen, Arbeit und Geld. Ich könnte weit mehr darüber schreiben als ich es hier werde, im Fokus möchte ich das behalten, was im Heimstudio grundlegend und auch realisierbar ist. Also bitte nicht überbewerten und verstehen, dass ich es dennoch „so einfach wie möglich“ halten möchte. Und jeder hat hier seine ganz eigenen Haltungen und Erfahrungen. Es ist ein bisschen auch eine Glaubensfrage. Daher versuche ich erst gar nicht von „Wahrheiten“ zu schreiben, auch wenn es fraglos physikalische Fakten gibt. Akustik und Klangwahrnehmung ist eben weit mehr als nur Mathematik und Physik.

Doch kommen wir zurück auf die porösen Absorber. Diese sind für die Meisten Anwendungen im privaten Umfeld ein guter Kompromiss, da sie gut funktionieren und in der Handhabung einfach sind. Preislich liegen sie jedoch etwas oberhalb anderer Lösungen, was aber im Gesamtkonzept des Heimstudios oft nicht ganz so Problematisch ist. Empfehlenswert ist hier ein von der Firma BASF entwickelter Melaminharzschaum namens Basotect. Dieser ist in vielen Formen vorgefertigt zu bekommen. Auch ein eigener Zuschnitt ist mit passendem Werkzeug problemlos möglich. Diese Platten können auch direkt auf der Wand verklebt werden. So kann nicht nur die Raumakustik verbessert werden, sondern es kann auch gestalterisch etwas getan werden. Es soll ja auch irgenwie noch gut aussehen.

In meinem Fall habe ich wabenförmige Elemente ausgewählt, die ich in unterschiedlichen stärken (3-7 cm) an den Wänden angebracht habe. An den Außenwänden meines Raumes musste ich eine hängende Konstruktion bauen, da sonst die Gefahr der Schimmelbildung besteht. Dies sollte an allen Außenwänden beachtet werden, besonders bei ungedämmten Gebäuden. Da mein Heimstudio im Keller untergebracht ist, musste ich dies berücksichtigen. Der Abstand zur Wand hat aber auch weitere Vorteile. Die Absorbtionsrate wird erhöht, da sich der Schall, wenn er direkt an der harten Wand reflektiert wird, nur langsam bewegt (Schallschnelle) und somit vom Absorber weniger gut absorbiert werden kann. Mit einem Abstand zur Wand absorbiert man effizienter, da hier die Schallschnelle höher ist.

Poröse Absorber zur Raumakustikoptimierung
Montierte Absorber (Basotect)

Design ist auch immer eine Geschmacksfrage. Mein Heimstudioraum ist zudem ein Multifunktionsraum. Dort mache ich nicht nur Musik – was bei den Meisten der Fall sein dürfte. Die Räumlichen Begebenheiten erfordern immer Kompromisse. Und so muss um Möbel, Bilder, Türen und Fenster herumgearbeitet werden. Das ist nicht optimal, aber unvermeidbar.

Hier noch einige Bilder der Hängenden Konstruktion. Ich habe die Wabenelemente mit Acrylstäben verbunden und Montagehaken für eine Bilderschiene montiert. Ein weiterer Acrylstab sichert einen stabilen Wandabstand. Bei der Konstruktion muss von Begin an die Gewichtsverteilung beachtet werden, damit die Konstruktion später nicht schief hängt oder kippt. Das klappt meist nicht perfekt, aber es ist lösbar.

Nun hat ein Raum nicht nur Seitenwände sondern auch einen Fußboden und eine Decke. Beide reflektieren ebenfalls die Schallwellen. AUch hier stehen wir vor dem gleichen Problem wie zuvor. Wer einen dicken Teppichboden verlegt kann hier schon einiges bewirken. Allerdings nur im Frequenzbereich ab circa 1000 Hz und höher. Die Dämpfung wird hier auch nicht all zu stark ausfallen, hilft aber dennoch. Andere Dämmungen am Boden sind in der Regel nicht möglich, da wir ja schlecht eine mehrere Zentimeter dicke Auflage aufsetzen können. Das macht auch kein professionelles Studio, hier gibt es andere Lösungen.
Die Decke allerdings, die lässt sich einfacher gestalten. Auch hier können die porösen Absorber gute Dienste leisten. Dicke Elemente lassen sich von der Decke abhängen oder ebenfalls direkt aufkleben. Besonders effektiv sind dicke Absorber an den Ecken zur reduzierung der niedrigen Frequenzen. In meinem Fall habe ich darauf verzichtet weil es nur an wenigen Stellen möglcih gewesen wäre und definitiv nicht gut ausgesehen hätte. Über meinem Abhörplatz habe ich ein dickes, kreisrundes Element angebracht um sogenannte Erstreflektionen zu reduzieren. Auch das hilft deutlich der klaren Ortung der Schallwellen die von den Studiomonitoren kommen.

Man kann sich im Thema Absorbtion wahrlich verlieren und sich Wochenlang nur damit beschäftigen. Auch werden Sie im Internet alle Formen von Ideen, Vorschlägen und unzählige „Expertentipps“ finden, die meist halbgar sind oder sich eher um Mythen drehen. Auch ich werde Ihnen hier nur meine Sicht der Dinge vermitteln können. Wenn Sie es wissenschaftlich korrekt wissen wollen müssen Sie sich an einen erfahrenen Toningeneur wenden, aber fürs Heimstudio wäre das vermutlich etwas zu teuer. Daher empfehle ich den Weg des machbaren mit besonnenheit und Augenmaß zu wählen. Ich habe mich inzwischen viele Monate mit dem Thema beschäftigt und glaube mich gut auszukennen. In der Praxis habe ich dann das gemacht, was ich als „schlechten Kompromiss“ bezeichnen würde. Allerdings hat es einen riesen Unterschied zum unbehandelten Raum gemacht. Ich bin damit zufrieden, auch wenn ich weiß, dass es vieles gäbe was man verbessern kann. Es muss dem Zweck genügen!

Kommen wir zurück auf den Titel dieses Artikels. „Flatten the curve“ sollte ja unser Ziel sein. Wie erwähnt gelingt dies nur bedingt und sollte auch nicht übertrieben werden. Wenn der Raum mit Absorbern ausgestattet wurde, haben wir vermutlich schon deutlich bessere Messwerte als zuvor. Die Nachhallzeit sollte geringer geworden sein und starke Überbetonungen oder Auslöschungen am Abhörplatz sollten sich verringert haben – zumindest im Frequenzbereich oberhalb 500 Hz. Wer noch Probleme im Bassbereich hat, der wird um voluminöse Absorber in den Raumecken kaum herumkommen. die tiefen Frequenzen lassen sich in den Raumecken am besten behandeln, da dort durch die Winkel der Wände die höchste Energie im Bassbereich zu erwarten ist. Auch hier greift das Thema Schallschnelle, daher müssen die Absorber „Richtig Dick“ sein um wirken zu können. Dünne Platten an den Wänden können das nicht. Wir reden von Materialtiefen von 50-100 cm, den Platz muss man erstmal haben. Viele Bassabsorber haben eine dreieckige Grundfläche um die Raumecken vollständig damit auszufüllen. Das ist gut, muss aber nicht zwingend so sein. Wie zuvor bereits beschrieben ist ein gewisser Abstand zur Wand durchaus von Vorteil. Es schadet natürlich nicht wenn das Material dick genug ist, dann ist der Abstand von der Schallharten Oberfläche ohnehin gewährleistet. Es ist aber auch in Ordnung wenn die ersten 30-40cm von de Wand frei bleiben und erst dann der Absorber seinen Dienst tut. Das ist auch hinsichtlich der Schimmelbildung von Vorteil.

Ich habe in meinem Raum kaum Platz für voluminöse Absorber, daher habe ich mir einen „Alibi-Absorber“ gebaut der sich optisch gut in den Raum einfügt. Die fertigen Bassfallen auf dem Markt sind nicht unbedingt ein Schnäppchen. Die Anbieter greifen hier gerne tief in die Taschen der Kunden – oft ohne die Marketingversprechen einzulösen. Schick aussehen können viele, nur wenige sind ihr Geld als Bassfalle jedoch wert. Professionelle Produkte können hier viel, sind optisch aber oft nicht der große Wurf. Schicke Bassfallen sind Designobjekte, aber oft keine guten Bassfallen. Es ist verzwickt.

Ich habe mit im Selbstbau und einfachen Materialien das gebaut, was man am Markt von einschlägigen Firmen in ähnlicher Form findet. Ein Schalloffener Behälter gefüllt mit Akustikschaumstoff. Viele Anbieter verwerten hier ihren Abfall aus der Produktion der Schaumstoffplatten. Prinzipiell finde ich das aus Umweltgründen gut, aber der Kunde bezahlt hier für Abfall Geld und der Hersteller spart sich zudem die Entsorgung. Wertigkeit ist hier also nur im „Gehäuse“ zu finden und das ist – wie erwähnt – oft das Geld nicht wert. Daher habe auch ich mit eine große Restekiste Basotect bei einem Händler bestellt. Diese war preiswert zu erhalten. Dazu habe ich mir einen Wäschekorb aus Holz und Stoffsack bestellt, diesen mit den „Abfällen“ befüllt und als Bassfalle in eine Raumecke gestellt.

Theoretisch kann man so alle Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nutzen. Wichtig ist, dass man eine Mindesttiefe von 40cm erreicht, da sonst eine Bassabsorbtion nicht stattfindet. Nochmals als Widerholung: Je länger die Welle, desto dicker der Absorber. Bassfrequenzen sind sehr langwellig und um diese zu absorbieren benötigen wir ein halbes Lambda ( λ ), also die halbe Wellenlänge der zu absorbierenden Frequenz. Daher ist es so schwierig, Bassfrequenzen zu absorbieren – es ist eine Materialschlacht. Zur verdeutlichung hier die Berechnung des Wellenlängenbereiches im Bassbereich. Ich nehme hierzu mal frei raus den Bereich von 30 Hz bis 100 Hz. Die Formel zur Berechnung der Wellenlänge lautet:

Wellenlänge = Schallgeschwindigkeit / Frequenz, λ = c / f


Für 30 Hz: 343 m/s / 30 Hz = 11,3 m
Für 100 Hz: 343 m/s / 100 Hz = 3,43 m

Bedeutet also, dass bei λ/2 eine Materialtiefe von 1,72 m bis 5,65 m!

Es ist gut zu erkennen, dass so tiefe Absorber in der Regel nicht Praxistauglich sind. Daher werden wir hier immer nur einen Teil der Schallenergie absorbieren können. Allerdings ist dies nur eine grob vereinfachte Rechnung und die Absorbtion letztlich von den Materialeigenschaften abhängig. Darauf gehen wir gleich genauer ein.

Neben der Verwendung von Melaminharzschaum findet sich häufig die Verwendung von Mineralwollen (Glas- oder Steinwollen). Diese ist preiswert und hat sehr gute Dämmeigenschaften im tiefen Frequenzbereich. Sie muss allerdings vorsichtig behandelt werden, da die feinen bruchstücke der Fasern Haut und Atemwegsreizungen auslösen können. Ganz klassisch finden sich auch verschiedenste aufgeschäumte Kunststoffe, allgemein als Schaumstoffe bezeichnet. Diese haben je nach Herstellungsverfahren unterschiedliche Dämmeigenschaften und können ebenfalls gut verwendet werden. Melaminharzschaum aka Basotect gehört auch in diese Gruppe und dürfte hier das effektivste Material sein. Es gibt inzwischen auch gute Naturfaserprodukte die jedoch meist deutlich teurer sind und nicht überall zu bekommen sind. Weitere moderne Dämmstoffe sind Polyestervliese die in einigen Bereichen wirklich erstaunlich gute Dämmwerte erreichen. Gerade beim Bau von Bassfallen ist ein Polyestervlies sehr interessant.

Alle Materialein besitzen unterschiedlcihe Eigenschaften. Wichtig sind hier Angaben zum Strömungswiderstand. Dieser wird in kPa s/m² (Kilopascal pro Sekunde pro Quadratmeter) angegeben und beschreibt die Eigenschaft, Druck in der Masse zu absorbieren (also in Wärme umzuwandeln). Die Luftbewegung wird, einfach ausgedrückt, „ausgebremst“. Hier möchte ich aber nicht zu tief einsteigen. Je höher dieser Wert, desto stärker ist die Dämpfung.

Neben all der Absorbtion gibt es noch weitere Möglichkeiten den Raum zu optimieren. Bisher ging es um das vermindern von Reflektion und der reduzierung von Überbetonung und Auslöschung. Wir haben also die Schallenergie im Raum durch Dämpfung vermindert. Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Klangwahrnehmung ist jedoch die „Diffusion“. Damit ist die Streuung von Schallwellen gemeint. Unser Wahrnehmungssystem ist in der Lage, den Ursprung einer Schallquelle aus der Zeitverzögerung zwischen beiden Ohren zu ermitteln. Daher können wir uns gezielt zu einer Schallquelle hindrehen wenn wir sie hören. Auch in unserem Heimstudio nehmen wir die Reflexionen des Schalls an den Oberflächen als richtungsbezogene Wellen wahr. In kleinen Räumen kann dies dazu führen, dass wir uns auch „beengt“ im Klangbild fühlen. Je größer ein Raum ist, desto länger sind die Laufzeiten der Schallwellen und desto größer wird auch die Diffusion. Wir können die Raumgröße daher mit geschlossenen Augen abschätzen. Im Heimstudio können wir die Wände leider nicht verschieben, aber wir können die Diffusion erhöhen. Je weniger glatte Wände und Oberflächen der Raum besitzt, desto mehr Streuung, also Diffusion hat der Raum. Im Professionellen Bereich werden hierzu spezielle Diffusoren verwendet die es in verschiedenen Ausführungen gibt. Diese Diffusoren werden an Wänden und Decken angebracht um den Schall in bestimmten Frequenzbereichen zu streuen und so auf akustischer Ebene den Eindruck von Größe und Weite zu ereichen. AUch im Heimstudio kann man diese Diffusoren einsetzen wenn man an geeigneter Stelle Platz dafür hat. Ich möchte jedoch gleich auf den Kostenfaktor hinweisen, richtig berechnete Diffusoren sind nicht gerade ein Schnäppchen. Davon abgesehen können sie der Raumakustik durchaus helfen – sie sind aber kein Allheilmittel in allen Lebenslagen kleiner Räume.

Skylinediffusor aus EPS
Skylinediffusor aus EPS

Diffusoren werden in großer Vielzahl angeboten. Unterschieden wird hauptsächlich in ihrer Wirkung hinsichtlich der Anzahl der Dimensionen. Es gibt Diffusoren die, je nach Montageart, nur Horizontal oder Vertikal wirken. Dann gibt es solche, die in zwei Dimensionen wirken. Man spricht hier von 1D oder 2D Diffusoren. Einige der 2D-DiffusorenSehen aufgrund ihrer geometrischen Struktur spektakulär aus, sind aber aufwändig und teuer. Diffusoren enthalten nicht einfach zufällige Muster, sondern werden speziell berechnet um die auftreffenden Schallwellen so zu brechen, dass sie sich über den gewünschten Frequenzbereich möglichst optimal verteilen. Es gibt hier verschiedene mathematische Modelle die auch optisch unterschiedlich aussehen. Gängig sind hier die Bezeichnugen Cubic Residue Diffusers (CRD), Quadratic Residue Diffusers (QRD), Maximum Length Sequence (MLS) und Primary Root Diffusoren (PRD). Diffusoren gibt es als fertige Konstruktionen und als speziell gefertigte Varianten. Letztere haben den Vorteil, dass man die Streuung für bestimmte Frequenzbereiche einstellen kann. Wie üblich sind individuelle Konstruktionen entsprechend kostspielig.

Vorhersage der Schallstreuung eines Schröder-Diffusor
Vorhersage der Schallstreuung eines Schröder-Diffusor (Urheber: Trevor Cox)

Diffusion kann, ebenso wie die Absorbtion, Probleme mit dem Klangbild reduzieren, da gestreute Schallwellen im Raum das Problem von stehenden Wellen reduzieren können und sogenannte Kammeffekte ebenfals verringern können. Daher lassen sich mit Diffusoren einige Probleme lösen die mit einer reinen Absorbtion nicht lösbar sind. Zudem wird das gesamte Klangbild, wie bereits erwähnt, hinsichtlich der wahrgenommenen Raumgröße, verbessert. Diffusoren wirken jedoch nicht gut auf kurzer Distanz. Wer einen Diffusor nur einen Meter von seinem Ohr entfernt montiert, wird kaum etwas davon wahrnehmen. Der auftreffende und gestreut reflektierte Schall benötigt, abhängig von seiner Frequenz, eine gewisse Strecke um wirksam zu werden. Das hat unter anderem damit zu tun, dass sich innerhalb des Diffusionsfeldes Wellen gegenseitig auslöschen oder verstärken müssen und erst hierüber eine hörbare Diffusion entsteht – zumindest oberflächlich ausgedrückt. Als Faustregel gilt hier mindestens 2m Abstand zur Hörposition zu erreichen. Daher sind Diffusoren in kleinen Räumen oft problematischer und ihre Wirkung begrenzter. Dennoch sind sie nicht unnütz.

Pegelanzeige eines Equalizers
Pegelanzeige eines Equalizers

Neben den physikalisch wirkenden Optimierungen des Raumes gibt es natürlich auch technische Hilfsmittel die in einigen Situationen helfen, den Raumklang zu verbessern. Wie im obigen Bild zu sehen ist, spreche ich hier das Thema Equalizer an. Leider wird viel zu oft angenommen, dass man ein schlechtes Klangspektrum am Abhörplatz durch einen Equalizer korrigieren kann ohne andere Maßnahmen ergreifen zu müssen. Diese Annahme ist leider falsch. Zwar lassen sich überbetonte Frequenzbereiche durch Absenkung des Pegels mit einem Equalizer „entschärfen“, dies hilft jedoch nur Bedingt. Der Equalizer kann lediglich Energie aus bestimmten Bereichen herausregeln oder diese Enegrgie vergrößern. Da sich der Schall im Raum aber auch über die Zeitachse ausbreitet, lassen sich bestimmte Probleme nicht mit EQs lösen. Hier spielt die Signallaufzeit eine wesentliche Rolle. Ebenfalls hilft es nicht den Pegel über einen EQ anzuheben, wenn am Abhörplatz eine Frequenzauslöschung durch Phasenverschobene Überlagerung entsteht. Somit ist der EQ zumindest kein „Allheilittel“ zur Klangoptimierung. Wer jedoch den Raum bereits wie bisher beschrieben optimiert hat und nun noch feine Unstimmigkeiten ausbügeln möchte (wir sprechen hier von Varienzen im Bereich von etwa +-2dB), der kann dies durchaus mit einem Equalizer bewerkstelligen. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Ein zu harsches Eingreifen in den Frequenzgang kann sich sehr negativ auf den Klang auswirken. Wer hier mit Messmikrofon, Softwareanalyse und Equalizer versucht absolute Linearität zu erreichen, wird am Ende einen flachen, toten und vermutlich stark verzerrten Klang aus den Lautsprechern erhalten. Hierbei gibt es so viele Missverständnisse und abhängigkeiten, dass man gut beraten ist es bei sanften Anpassungen zu belassen.

Einige Equalizer, aber auch softwarebasierte Tools, bieten die Möglichkeit einer automatischen Kurvenanpassung. Hierbei wird ein Testsigal (meist ein weißes oder rosa Rauschen) über die Lautsprecher ausgegeben und mit einem Messmikrofon aufgenommen. Währenddessen wird kontinuierlich (und automatisch) die Klangkurve angepasst, bis am Messmikrophon ein weitestgehend linearer Frequenzgang festgestellt wird. Am Ende der Einpegelung wird das Ergebnis als EQ-Kurve abgespeichert und bei der späteren Widergabe über das Quellsignal gerechnet. So erhalten wir die gewünschte Korrektur (linearisierung) an unseren Studiomonitoren. Ich habe die Kalibrierkurve anfangs über einen Equalizer in meiner DAW eingebunden. Das funktionierte soweit, hatte aber auch Nachteile. Es besteht hier die Gefahr, dass man den fertigen Audiotrack versehentlich inklusiver der Korrektur ausspielt und die Anpassung dann in der Audiodatei enthalten ist. Das ist fatal und darf nicht passieren. Besser ist es, hierfür eine Anpassung nur im Signalweg zu den Studiomonitoren durchzuführen. Auch hier gibt es Softwarelösungen die dies am Audiointerface umsetzen, oder aber man verwendet eine externe Hardwarelösung.
Ich habe mich daher für die externe Lösung entschieden. Bei mir verrichtet ein Behringer Ultra-Curve Pro DEQ 2496 seinen Dienst. Das 19″ Rack-Gerät mit einer Höheneinheit, bietet neben einer automatischen Einmessung auch verschiedene weitere Funktionen. Darauf möchte ich hier aber nicht näher eingehen. Das Gerät ist recht einfach in der Handhabung. Durch Anschluss eines Messmikrofons direkt am Gerät, lässt sich mit der automatischen Linearisierungsfunktion eine gute Feinkorrektur der Studiomonitore erreichen. Sicher gibt es weitaus bessere Geräte am Markt, für mein Heimstudio genügt die Qualität aber vollkommen.

Linearisierung ist nur die halbe Miete

Gehen wir mal davon aus, dass wir nach allen Maßnahmen im Raum und an der Signalkette, am Abhörplatz einen annähernd linearen Frequenzgang erreicht haben. Haben wir nun unser Ziel erreicht? Nun, vielleicht nicht ganz. Es könnte nämlich sein, dass der Klang zwar Messtechnisch „linear“, sagen wir besser „Linearisiert“ wurde, der Klang aber Körperlos, Flach, tot oder wie auch immer bezeichnet „schlecht“ klingt. Das liegt nicht zwingend an einem Fehler in der Messtechnik, auch nicht an einem Fehler in den Einstellungen. Zumindest nicht was das Thema „Linearisierung“ betrifft. Es hat vielmehr mit Psychoakustik zu tun. Psychoakustik meint hier, dass wir Klang auf eine Weise wahrnehmen, der eben nicht mathematisch linear ist. Wir müssten daher unsere aufwändig linearisierte Klangkurve (das mag jetzt widersinnig erscheinen) Nicht-Linear anpassen, also die lineare Kurve an gewissen Stellen anheben oder absenken. Das macht unsere Bemühungen allerdings nicht zunichte, nein. Das Linearisieren ist die angleichende physikalische Grundlage. Jetzt kommt die psychoakustische Anpassung an unsere Hörgewohnheiten.

Verschiedene automatische Einmesssoftware berücksichtigt die sogenannte „Zielkurve“, „Target Curve“, „Hauskurve“ oder auch „Hörkurve“ bereits, daher klingt es dort nach Abschluss aller Messungen und Kalibrierung bereits gut. In anderen Situationen hingegen ist ein nachträgliches Einfügen dieser Kurve notwendig. Wie diese Anpassung aussehen muss, ist eine weitere Glaubensfrage. Denn es gibt keine exakte Festlegung dessen, was unser Gehör am liebsten hat. Auch die individuellen Unterschiede jedes einzelnen Zuhörers müsste man berücksichtigen. Und ebenso ist die Frage nach der Zielausrichtung eine Frage. Im Heimstudio beim Musik abmischen möchten wir „so neutral wie möglich“ arbeiten. Dies setzt aber vorraus, dass wir halbwes wissen, was wir tun. Zum entspannten Musikhören und genießen sollten wir eher HiFi-Lautsprecher oder HiFi-kopfhörer verwenden. HiFi-Komponenten haben hier eine vom Hersteller eingearbeitete, eigene Klankurve die bestimmte Frequenzbereiche gezielt anhebt oder absenkt. Dies schmeichelt sozusagen dem Gehör und macht die Musik gefälliger. Hier hat dann wieder jeder seinen eigenen Geschmack. Im Studio hingegen wäre das Hinderlich.

Welche „Hauskurve“ sollte man aber verwenden und, woher bekomme ich diese? Ja, diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die finale Hauskurve jeder selbst einstellen muss. Hier sollte man aber nur sehr vorsichtig anpassen um nicht am Ende aus seinen Studiominitoren wieder HiFi-Lautsprecher gemacht zu haben. Es geht also um eine sanfte Anpassung die meist in den Tiefen und den Höhen stattfindet. Es gibt hierzu auch eine allgemeine Annahme, basierend auf Versuchen und Messungen früherer Jahrzente. Floyd E. Toole hatte seinerzeit begonnen eingehende Analysen durchzuführen. Seine Ergebnisse sind heute als Harman-Kurve bekannt. Diese Kurve spiegelt wider, welche Pegelverteilung die Probandten am „besten“ fanden. Diese Kurve wird heute oft als Basis für die Frequenzverteilung von Kopfhörern verwendet, aber auch für HiFi-Lautsprecher. Wer hier mal tiefer einsteigen will darf sich gerne mal die Ausführungen von Herrn Toole dazu durchlesen (Link: https://www.aes.org/tmpFiles/elib/20201117/17839.pdf)

Zielkurve nach Harman

Die Grafik sollte nur der Übersicht dienen und stellt keine exakte Representation dar. Es lässt sich aber gut als Orientierung nutzen um zu verstehen, dass eine lineare Wiedergabe von unserer akustischen Wahrnehmung stark abweicht und somit nicht gut klingt. Unsere Anpassung sollte sich also in die Richtung der Harman-Kurve bewegen, muss diese aber nicht exakt representieren. Es sollte dabei auch beachtet werden, dass der Raum in dem wir sitzen seine eigene Charakteristik besitzt, ebenso die Studiomonitore als auch unser eigenes Gehör. Es gibt hierbei eben nicht diese eine perfekte Lösung, es kann nur individuelle Anpassungen geben!

Es ist ein weiter Weg zur Perfektion, und erreicht wird sie nie. Sie sollten sich daher mit einer gesunden Annäherung zufrieden geben. Im Heimstudio werden sie ohnehin niemals perfekte Ergebnisse erzielen, außer, sie stecken Hunderdtausende Euro in den gezielten Bau einer optimalen Studioumgebung. Aber dann wäre es ja auch kein Heimstudio mehr. Und selbst die besten Studios der Welt besitzen ihren eigenen Charakter – was auch gut ist. Wer würde sich auch wagen die EMI-Studios oder wie man sie heute nennt, die „Abbay Road Studios“ überarbeiten zu wollen? Besser nicht. Klang, Raum, Klangraum, alles muss seinen Charakter bewahren. Und wer weiß, vielleicht ist gerade ihr Heimstudio der große Wurf und sie produzieren dort den nächsten Welthit. Am Ende interessiert es niemanden, wie sie zu ihrem Ergebnis gekommen sind, wenn es ein Welthit wurde. Da staunen dann höchstens die Fachleute.

Ergänzung

Abschließend möchte ich noch etwas zum Thema Raumoptimierung ergänzen, das ich zuvor nicht näher ausgeführt habe.
Neben der allgemeinen Dämpfung mit porösen Absorbern in Form von Schaumstoffen, Vließen und anderen Materialien, gibt es noch die gezielte Behandlung schmalbandiger Störfrequenzen. Diese werden speziell auf einen bestimmten Frequenzbereich berechnet und können sehr effektiv wirken. Der Nachteil ist die aufwändige Konstruktion und der hohe Preis. Zwar lässt sich auch dies selbst bauen um Kosten zu sparen, oft fehlen dazu aber die handwerklichen Möglichkeiten und ebenfalls der Platz diese aufzustellen oder anzubringen. Dennoch sollte man sie kennen. Die gängigsten möchte ich hier noch aufzählen.

Eine Möglichkeit gezielt Frequenzen zu behandeln ist der Helmholz-Resonator. Hier wird sich das Prinzip der Resonanz zunutze gemacht, indem ein Volumen so berechnet wird, dass die Resonanzfrequenz genau der gewünschten Frequenz entspricht, die wir behandeln möchten. Tritt nun Schall dieser Frequenz in den Resonator, wird durch die Resonanzschwingung Schallenergie in Bewegungsenergie umgewandelt und die Schallenergie so absorbiert. Üblicherweise wird hierfür ein sogenannter „Membranabsorber„, auch Plattenschwinger genannt, konstruiert. Je nach Frequenzbereich fallen diese recht groß aus. Je tiefer die Resonanzfrequent, desto größer die Konstruktion.
Es gibt verschiedene Bauformen solcher Resonatoren, auch welche die nur mit Löchern arbeiten oder die Schallwellen in Rohrelemente leiten.

Eine weitere Methode ist die aktive Behandlung durch Gegenschall. Diese stellt zugleich die technisch aufwändigste dar. Hier wird ein Lautsprecher im Raum positioniert der eingehende Schallwellen bestimmter Frequenzen durch einen Gegenschall (also eine um 180 Grad phasenverschobene Welle) auslöscht. Dies kennt man heute auch gut unter der Bezeichnung ANC bei Kopfhörern. ANC steht hier für „Active Noise Canceling“, also der aktiven Auslöschung von Umgebungsgeräuschen. Wird diese Technik in einem Raum angewendet muss die Berechnung und die Messelektronik sehr präzise gehandhabt werden. Dies dürfte im Heimbereich allerdings kaum zu finden sein.

Abschließende Worte

Ich möchte abschließend allen interessierten die bis hier hin durchgehalten haben für ihre Aufmerksamkeit danken. Ich hoffe, ich konnte einige Fragen beantworten und den Schverhalt, der ja wirklich nicht einfach ist, ansatzweise erklären. Nochmals möchte ich betonen, dass ich kein ausgebildeter Toningeneur bin und mich durchaus auch auf dem schmalen Grad des gefährlichen Halbwissens bewege. Ich habe versucht, diese schmale fläche so breit wie möglich zu gestalten, binn mir der Fallhöhe jedoch sehr bewusst. Was ich jedoch sicher behaupten kann ist, dass ich hier auch über Praxiserfahrung verfüge. Wie anfangs erwähnt geht es hier auch um das Thema „Heimstudio“ im Rahmen eines Hobbies. Daher sind all die tiefen speziellen Kenntnisse und die in professionellen Umgebungen verwendeten Techniken und Materialien nicht zwingend das, was ich anwende oder benötige. Man kann sich auch hier in den Details verlieren, sich für viel Geld alle möglichen Einrichtungen anschaffen, um am Ende dann in den Messergebnissen besser und besser zu werden. Ob man dann bessere Musik macht, ob sich damit mehr Geld verdienen lässt, ob es am Ende den Aufwand wirklich wert war… das möge gerne jeder für sich entscheiden. Ich halte mich an einen gesunden Mittelweg und erlaube mir auch, mich über kleine Dinge zu freuen. Denn am Ende soll es Freude bereiten und nicht in Verzweiflung enden. Das ist es, was ein Hobby ausmachen sollte, Freude an der Sache selbst!

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