Filmscanner – Ein Vergleich

Für all jene die früher noch analog fotografierten und solche, die dies auch heute noch – oder wieder – tun, stellt sich oft die Frage, wie man die Filmnegative oder Dias einfach und schnell digitslisiert. Zwar bietet der Markt hierfür eine Vielzahl verschiedener Gerätetypen an, doch arbeiten diese auch Grundverschieden. Entsprechend unterschiedlich fallen die Ergebnisse aus. Der Laie wird hier zunächst mit der Tatsache konfrontiert, dass er sich unter dem Prozess des „Scannen“ nur bedingt etwas vorstellen kann. In meinem kurzen Test möchte ich zwei Geräte unterschiedlicher Bauart und Qualität vergleichen und auch auf Alternativen eingehen. Ich werde auf einige technische Deteils näher eingehen, es wird aber kein Wissenschaftlicher Fachartikel werden. Man kann über dieses Thema eine Menge schreiben, ich versuche mich jedoch auf das wesentliche zu konzentrieren 😉

Grundlegendes

Zunächst möchte ich auf den Prozess des Scannens und der Verarbeitung am Beispiel eines Flachbettscanners eingehen. Hierbei ist es wichtig zu verstehen, dass wir von einer sehr kleinen Vorlage ein Abbild in digitaler Form erzeugen möchten (ausgehend von einem 35 mm Kleinbildfilm mit 24 x 36 mm). Die geringe Fläche erfordert beim digitalisieren eine sehr hohe Auflösungsfähigkeit, um später ein verwertbares Ergebnis zu erhalten. Während eine Fotografie in Din-A4 Größe mit 300-400 PPI (Pixel per Inch) problemlos mit jedem Flachbettscanner in annehmbarer Qualität digitalisiert werden kann, reichen 400 PPI bei einem Kleinbildfilm-Negativ oder Dia nicht aus. Ein solcher Scan ergäbe nur rund 0,214 Megapixel, was für eine weitere Verarbeitung nicht praktikabel wäre. Gewöhnliche Flachbettscanner arbeiten zudem mit Aufsichtvorlagen. Das Licht trifft also von unten auf die Vorlage und wird reflektiert. Beim Film hingegen muss das Licht durch die Vorlage hindurch leuchten um es zu erfassen. Hier wird ein Flachbettscanner mit „Durchlichteinheit“ benötigt. Gängige Flachbettscanner (Stand 2015) besitzen eine typische optische Auflösung von 600-4800 PPI, ein Modell erreicht hier sogar 6900 PPI optische Abtastrate. Die oft als „interpoliert“ angegebene Auflösung ist hierbei nicht relevant, da nur die rein optische Auflösung nutzbar ist. Ein Scan mit 4800 PPI ergäbe bei einer Kleinbildfilmvorlage bereits stattliche 30 Megapixel, was hier sicher dem ein oder anderen ein Funkeln in die Augen zaubern dürfte. Hier muss die Euphorie jedoch gleich gedämpft werden, denn wer nur auf die digitale Pixelzahl achtet, sieht nur einen kleinen Teil der Wahrheit.

Neben der optischen Auflösung spielen zwei weitere Faktoren eine wichtige Rolle. Zunächst die Präzision der Abtastung (nicht jedes Pixel beinhaltet tatsächlich eine eindeutig nutzbare Information), sowie der Tonwertumfang des Scans (die Fähigkeit zwischen dem dunkelsten und dem hellsten Lichtwert zu unterscheiden). Die Schärfewirkung der Scans wird hiervon maßgeblich mitbestimmt. Die optische Abtastrate in Megapixeln ist somit nur ein Teil der Gesamtrechnung. Flachbettscanner sind hier oft benachteiligt, da deren Hauptaufgabe im einlesen von Aufsichtvorlagen wie Din A4-Seiten oder Fotoabzügen besteht. Durchlichtvorlagen liegen hier gerne mal außerhalb des optimalen Fokus der Optik, was unweigerlich zu einem Detailverlust (Schärfeverlust) führt. Auch andere Störfaktoren reduzieren die Qualität der Scans. Von der angegebenen optischen Auflösung muss daher ein Teil abgezogen werden. Dieser liegt – je nach Modell und Bauart – bei erschreckenden 30 – 60%. Von den zuvor genannten 30 Megapixeln bleiben dann bestenfalls 15, schlechtestenfalls etwa 3 nutzbare Megapixel übrig. Das ist erschreckend, aber leider eine Tatsache. Auch der Tonwertumfang der Durchlichtscans ist bei Flachbettscannern bauartbedingt begrenzt – auch wenn einige Hersteller hierbei durchaus gute Werte erreichen. Eine optimal belichtete Vorlage wird in den meisten Fällen akzeptabel eingelesen, sobald jedoch Unter- oder Überbelichtete Vorlagen ins Spiel kommen oder die Vorlage eine generell hohe Bilddynamik aufweist, wird es eng. Die Folgen sind „abgesoffene“ Schatten (also großflächig zu dunkle Bildpartien) oder „abgerissene“ Licher (helle Bildbereiche erscheinen flächig Weiß). Es gehen somit wertvolle Details verloren, da diese erst gar nicht erfasst werden können. Ein professioneller Filmscanner hat hier deutlich mehr Spielraum.

Neben den Flachbettscannern gibt es zwei weitere Scannertypen, die ebenfalls im privaten Umfeld anzutreffen sind. So gibt es einfache Geräte die wie ein Fotoapparat die Vorlage abfotografieren und solche, welche die Vorlage mit präziserer Linsenoptik und Mechanik zeilenweise abtasten. Letztere gibt es auch in professionellen Ausführungen. Eine weitere Geräteklasse, der Trommelscanner, findet sich allerdings nur im Professionellen Bereich und spielt außer Konkurrenz. Auf diesen Typ werde ich daher hier nicht näher eingehen.

Gerne gekauft werden derzeit die im Vergleich preiswerten Geräte mit Durchlichtfotografie. Diese Geräte besitzen typischerweise eine LED-Beleuchtung und einen unbeweglichen CMOS-Flächensensor, wie er auch in Digitalkameras verbaut ist. Typische von den Herstellern angegebene Auflösungen sind hier 5, 14 und 20 Megapixel (Stanbd 2015). Vorteil dieser Geräte ist die hohe Arbeitsgeschwindigkeit. Die Digitalisierung eines Filmnegativs oder Dias dauert üblicherweise 1-3 Sekunden. Die Bedienung ist ebenfalls recht einfach. Die verwendeten Bildsensoren spielen bei diesen Geräten – zum Leid des Anwenders – auf sehr geringem Qualitätsniveau. Bei meinem Test mit einem 14 Megapixel-Gerät (ION Film 2 SD Plus) konnte der Hersteller sein Auflösungsversprechen nicht halten, doch dazu später mehr. Insgesamt muss man bei dieser Bauart mit geringer Qualität der „Scans“ rechnen, da die Abtastung der Vorlage mit vergleichsweise geringem technischen Aufwand durchgeführt wird.

Professionelle Filmscanner arbeiten üblicherweise mit einer Linsenoptik, einer hochpräzisen Mechanik und einer hochwerigen CMOS- oder CCD-Zeile. Ich verwende für hochwertige Scans einen „Nikon Coolscan V ED“ – der leider nicht mehr hergestellt wird. Geräte dieser Bauart sind speziell auf die Bedürfnisse solcher Film-Scans zugeschnitten und arbeiten dementsprechend präzise. Sie sind den bisher genannten Varianten deutlich überlegen (Trommelscanner ausgenommen). Der Nikon Coolscan V ED bietet eine Abtastrate von 4000 ppi, was rund 21 Megapixeln entspricht. Anders als in den vorherigen Beispielen kann er diese Auflösung jedoch fast vollständig nutzbar machen. Ebenso ist der Tonwertumfang hier deutlich größer, was einigen Spielraum in der Verarbeitung ermöglicht. Auch die erzeugten Rohdaten sind anschließend gut zu verarbeiten.

Bei allen Gerätetypen besteht die Aufgabe nicht nur im optischen abtasten der Vorlage, sondern vor allem in der Verarbeitung der Bilddaten. Wer schonmal ein Farbfilmnegativ gegen das Licht gehalten hat weiß, dass der orangefarbene Filmstreifen recht wenig über das tatsächliche Bild verrät, denn natürliche Farben sind hier nicht zu erkennen. Nur Diapositive kann man gut mit dem bloßen Auge erkennen. Nach dem digitalisieren muss daher eine Verarbeitung durch die Software stattfinden. Hierbei wird ein eingelesenes Negativbild in ein positiv umgerechnet und die Farben werden entsprechend umserer Sehwahrnehmung wiederhergestellt. Doch dies ist nur der erste Schritt. Nachfolgend kann eine ganze Armada an mathematischen Bildoptimierungen erfolgen welche sowohl die Farben, als auch die Schärfewirkung optimieren. Hier kommt es darauf an, wie präzise die Bildanalyse durch die Software erfolgt und wie anschließend die Anpassung durchgeführt wird. Dies kann auch schief gehen.

Vergleichstest

Bevor wir noch weiter in die Tiefe der Thematik abtriften, schauen wir uns lieber einen Vergleich an. Im folgenden Bild sehen wir verkleinerte Varianten einer Vorlage (aus dem Jahr 1974), gescannt jeweils mit dem „ION Film 2 SD Plus“ im und dem „Nikon Coolscan 5 ED“.

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In beiden Fällen wurden die Bilddaten nicht mit einer Grafiksoftware nachbearbeitet. Die Verarbeitung erfolgte im Gerät (ION) selbst beziehungsweise in der Scansoftware (Nikon). Um hier fair zu bleiben muss erwähnt werden, dass die Nikon-Scansoftware bereits aufwertende Arbeit geleistet hat. Allerdings ist auch die Firmware des ION-Scanners nicht untätig geblieben und hat versucht, Filmkorn und Sensorrauschen zu entfernen, sowei die Farben und Kontraste zu optimieren. Markante Unterschiede finden sich zunächst in der Farbgebung und dem Gesamtkontrast. Hier wirkt das ION-Bild im direkten Vergleich flach sowie farb- und kontrastarm. Ebenso kann man gut die Verschmutzungen der Filmvorlage erkennen, welche im Nikon-Scan durch die verwendung einer infrarotbasierenden Schmutzerkennung herausgerechnet wurden. Das ION-Gerät besizt keine solche Technologie, daher sind hier alle Verschmutzungen zu erkennen.

Das folgende Bild zeigt die Ausschnitsvergrößerung einer weiteren Aufnahme (aus dem Jahr 1996):

Detailausschnitt (Anklicken zum vergrößern)

Detailausschnitt (Anklicken zum vergrößern)

In dieser Detaildarstellung ist wie zuvor zu erkennen, dass die Farben des „Film 2 SD Plus“ (links) nur sehr schwach ausgeprägt sind. Auch der schon zuvor erwähnte geringe Tonwertumfang des ION-Gerätes (links) macht sich deutlich bemerkbar, da beispielsweise Teile der Haarpartien und Hintergrunddetails nicht mehr zu erkennen sind. Eine hellere Belichtung wäre zwar möglich, führt jedoch sofort zu einer Überbelichtung der helleren Gesichtspartien. Hier ist der Nikon-Scaner deutlich im Vorteil. In dieser Darstellung wird auch die Detailauflösung (bitte das Bild anklicken) gut sichtbar, ebenso die Verarbeitung der Bilddaten. Während der Nikon-Scan (rechts) feine Details herausarbeiten kann und Kanten sauber gezeichnet wiedergegeben werden, zeigt das ION-Gerät (lins) massive Schwächen. Die Detailauflösung des ION kann als „matschig“ bezeichnet werden. Die Firmware versucht zudem die Bildschärfe durch eine übertrieben arbeitende Nachschärfung zu „retten“, was gerade an der Brille sehr gut zu erkennen ist. Hier wird das Bild quasi „beschädigt“. Dies passiert beim Nikon Coolscan (rechts) nicht.

Der Vergleich zeigt, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Scans gibt. Die erzeugten Bilddateien des ION sind ohne eine Nachbearbeitung in den meisten Fällen nicht schön anzusehen. Zudem wird eine Nachbearbeitung durch die schlechte Datenaufbereitung der Gerätefirmware stark behindert. Die von ION versprochenen 14 Megapixel des Bildsensors sind leider nicht nutzbar, ähnlich wie es bei den Flachbettscannern der Fall ist. Bei guten Vorlagen erreichen wir in etwa ein 5 Megapixel-Equivalent. Die Bilddaten können in der Nachbearbeitung daher sorglos auf diesen Wert herunterskaliert werden. Das führt zu kleineren Dateigrößen, da der Rest praktisch nur Datenmüll wäre. Die verbleibende Pixel-Auflösung würde für Abzüge bis etwa 18 cm auf der Längsseite gerade noch genügen, wäre da nicht das Problem mit dem Tonwertumfang. Bei sehr vielen Filmnegativen und Dias verlor ich entweder Details in den dunklen, oder den hellen Bildpartien. Sehr viel Freude machen diese „Scans“ also nicht, dennoch sind für den einfachen „Hausgebrauch“ schnelle Ergebnisse mit einem gewissen praktischen Nutzen möglich. Das liegt durchaus auch am Qualitätsempfinden des Anwenders.

Wer schon einmal Bilder digitalisiert hat wird schnell feststellen, dass bei dem ein oder anderen Bild ein wenig nachgearbeitet werden muss. Dies liegt vornehmlich daran, dass gerade ältere Fotografien/Farbnegative unter blassen oder verschobenen Farben leiden. Auch die bereits erwähnten Schwächen der Scanner verlangen meist nach einer Farb- und Kontrastanpassung. Dazu kommt der persönliche Geschmack – der eine mag es Farbenfroh und knackig, der andere weich und matt. Für derlei Nacharbeiten ist es jedoch wichtig, dass die Bilddaten in einer qualitativen Form vorliegen, die solche Bearbeitungen auch zulässt. Gerade schlecht komprimierte Jpeg-Dateien oder stark nachgeschärfte Dateien machen diese Arbeit schwer bis unmöglich. Preiswerte Filmscanner produzieren hier oft schwieriges Material. Das zeigt sich auch beim ION Film 2 SD Plus. Hier ist eine Nachbearbeitung nur sehr begrenzt möglich. Die Zeit, die man beim einlesen der Bilder gegenüber professionelleren Lösungen einspart, verliert man in der Nachbearbeitung und erhält dennoch meist kein zufriedenstellendes Ergebnis.

Fazit

Filmscanner waren und sind eine recht spezielle Domäne. Die gängigen Geräte für den professionellen und semi-professionellen Bereich liefern durchaus gute Ergebnisse. Der Heimanwender greift heute jedoch gerne zu den preiswerten und vermeintlich einfachen Geräten. Der „ION Film 2 SD Plus“ fällt in diese Gruppe und verspricht für etwas über 100 € (Stand Februar 2015) ein leichtes einlesen der alten Foto-Schätze. Prinzipiell macht er dies auch, lässt jedoch noch viele Wünsche hinsichtlich der Bildqualität und der Feinjustierung offen. Wer eine schnelle Übersicht über seine Dias und Filmnegative haben möchte kann dies mit dem Film 2 SD Plus erreichen, sollte jedoch keine Wunder erwarten. Für hochwertige Scans benötigt man mindestens einen Flachbettscanner mit Durchlichteinheit oder besser einen professionellen Filmscanner wie den Nikon Coolscan oder einen der am Markt erhältlichen Geräte von Reflecta, Plustek, Microtek oder anderen Herstellern. Qualitativ kommt leider noch immer kein Gerät an die letzten Nikon-Coolscan-Modelle heran. Die Lücke, welche Nikon durch seinen Rückzug aus dem Filmscanner-Geschäft im Jahr 2009 hinterließ, konnte noch immer nicht geschlossen werden. Generell muss man beim digitalisieren von Filmmaterial immer Kompromisse eingehen. Der Faktor „Zeit“ ist hierbei besonders zu beachten, denn dieser verhält sich antiproportional (also gegenläufig) zur Bildqualität. Je schneller der Scan, desto geringer die Bildqualität hieß es früher. Dies hat auch heute durchaus noch Gültigkeit. Allerdings benötigen einige Geräte zum Teil extrem lange zu einlesen eines Filmstreifens und liefern dennoch nicht die beste Qualität. Wer sich also einen Filmscanner zulegen möchte sollte abstand nehmen von dem Worten „Schnell“ und „Einfach“. Die spezialisierten Filmscanner verschiedener Hersteller versprechen vieles, können es jedoch nur selten halten. Wer eine einfache Lösung sucht, bereits eine Digitalkamera sein Eigen nennt und mit einem Grafikprogramm umzugehen weiß, der kann sich durchaus mithilfe eines Leuchttisches oder eines Durchlichtaufsatzes für die Kamera behelfen. Meines Erachtens lohnt die Investition in eines der preiswerten „Abfotografiergeräte“ wie den getesteten ION Film 2 SD Plus kaum. Hier ist der klassische Flachbettscanner mit Durchlichteinheit noch immer überlegen, auch wenn dieser bedeutend mehr Zeit benötigt. Auch preiswerte Flachbettscanner mit Durchlichteinheit gibt es inzwischen mit Staub- und Schmutzerkennung (Beispielsweise den Canon CanoScan 9000F). Die restlichen Filmscann-Spezialisten sind ebenfalls eine Empfehlung, soweit man sich der Tatsache bewusst ist, dass auch diese Geräte eher gemächlich arbeiten und man nach dem Scan die Auflösung sorgenfrei herunterrechnen kann ohne etwas wichtiges zu verlieren. Wer auf hochwertige Scans wert legt und auf automatisierten Prozess Wert legt, der kommt noch immer nicht an den Nikon Coolscan’s vorbei. Diese sind auf dem Gebrauchtmarkt noch zu bekommen, haben jedoch ihren Preis. Auch die Verwendung auf aktuellen Computern hat Tücken, da die Nikon-Originaltreiber hier üblicherweise nicht mehr funktionieren. Es gibt jedoch einfache und gut funktionierende Tricks, um diese Geräte dennoch weiter verwenden zu können. Wer für den Hausgebrauch einen guten Mittelweg sucht, sollte zumindest von den Billig-Geräten die Finger lassen, denn sie sind ihr Geld nicht Wert. Mit etwa 200-400 € bekommt man ein brauchbares Gerät aus der Flachbett- oder Filmscannerfraktion. Mehr ist natürlich immer drinn.

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