Das Internet und unsere Freiheit
Das Internet, eine Erfindung aus der Zeit des kalten Krieges, in seiner späteren Entwicklung ein Netz zum Austausch von Wissen zwischen Universitäten und seit Start des WorldWideWeb Anfang der 1990er das Zukunfts-Netz der gesamten Menschheit.
Soweit ein kurzer Aufmacher und Fürsprecher für das weltumspannende Datennetz. Das Internet hat eine lange Entwicklung hinter sich. Begonnen 1969 hat es sich das Netz in den letzten 20 Jahren zu dem wichtigsten Kommunikationsmedium aller Zeiten entwickelt. Das Internet verbindet alles, ganz gleich ob technische Geräte, Unternehmen oder Menschen. Seit einigen Jahren sind soziale Netzwerke in den Mittelpunkt gerückt. Während anfangs nur geschulte Leute dem Internet Inhalte hinzufügten, ist seit beginn der Ära Web 2.0 das Netz zum Jedermann-Netz geworden. Heute kann jeder seine Meinungen, seine Ansichten, sein ganzes Leben im Internet veröffentlichen, publizieren und verbreiten. Einige fragen sich sicherlich mit Recht, ob das immer so gut ist. Aber das ist noch ein anderes Thema.
Wir alle sind inzwischen vernetzt. Wer keinen Computer mit Internetanschluss hat, hat möglicherweise ein Handy mit Internetanbindung, oder aber ein TV-Gerät, einen DVD/BD-Player oder eine Spielekonsole, welches sich mit dem Internet verbinden lässt. Selbst diejenigen, die keinerlei direkte Verbindungen zum Netz haben, erzeugen im Alltag, also beim einkaufen oder wenn sie mit anderen Firmen in Kontakt treten, Datenstörme im Internet.
Weltweit sind derzeit knapp ein Fünftel (~1,4 Milliarden) aller Menschen an das Internet angebunden. Technisch betrachtet ist nahezu überall ein Zugang möglich. In Deutschland besitzen bereits über 80% der Bevölkerung Geräte mit Internetzugang. Zwar steigt das Durchschnittsalter der Nutzer weiter an, jedoch wird das Netz noch vornehmlich von Menschen unter 40 Jahren genutzt und gestaltet.
Das Internet ist nicht einfach eine Technikspielwiese für Teenager. Es ist ein Massenmedium, das von Menschen, für Menschen gemacht wurde und wird. Abgesehen von den Webseiten kommerzieller oder politisch orientierter Anbieter, tauscht sich die Menschheit über Foren, Chat und in sozialen Netzwerken frei aus. Dabei entwickelt sich nicht nur regional eine gemeinschaftliche Meinung, sondern auch Weltweit eine Bewegung hin zu mehr realem Wissen. Ungefiltert und unmanipuliert kommen Nachrichten auch aus Krisenregionen zu allen Menschen dieser Welt. Das Wissen und die Erfahrung von Milliarden von Individuen wird als kollektives Gut gesammelt, bewertet, verifiziert, diskutiert, und dann wiederum allen Menschen zur Verfügung gestellt. Es ist die Freiheit des Wissens, die Freiheit der Meinung und schlussendlich die Freiheit des menschlichen Geistes.
Gegenwärtig gibt es überall dort wo Menschen unterdrückt werden Revolten. Die meisten davon basieren auf dem neuen Austausch von Wissen über das Internet. Die Organisationsstrukturen des “kleinen Mannes” werden durch das Internet immer mächtiger. Die Menschheit hat im Internet ein Werkzeug gefunden, um sich der Fesseln totalitärer Regierungen zu entledigen. Zumindest im Rahmen der freien Kommunikation und der daraus resultierenden Tatsache, dass vielen Menschen die Augen geöffnet werden. Gesamtgesellschaftlich ist das aus meiner Sicht eine der größten Positiventwicklungen der Geschichte. Was einst ein Traum der Menschen war, ist heute durch das Internet zur alltäglichen Realität geworden. Unbegrenzter Zugriff auf das Wissen aller. Unbegrenzte Kommunikation, ohne Zeitverzögerung und von nahezu jedem Ort der Welt, zu jedem Ort der Welt. Das alles wäre zu schön, gäbe es da nicht einen grundlegenden Interessenkonflikt.
Die Welt wird nicht von der Gesamtheit der Menschen regiert, sondern von nur wenigen Personen. Unabhängig der Frage, wie diese gewählt werden und wie die Regierungen verschiedener Länder zueinander stehen, haben doch alle einiges Gemeinsam. An erster Stelle haben sie kein Interesse daran, dass das Volk zu eigenständig denkt und handelt. Zwar wird oft behauptet – besonders in den sogenannten demokratischen Staaten – dass man Menschenrechte, Freiheit und Privatsphäre achtet, schützt und fördert, doch muss man sich fragen, ob dies tatsächlich so ist. Oft wird davon gesprochen, dass beispielsweise China seine Bürger in deren Rechten zu stark einschränke. Auch in anderen Ländern wird dies praktiziert und Politiker aus Deutschland, den USA oder auch anderen Industriestaaten kritisierten dies immer wieder.
Doch wo stehen wir heute? Was machen die angeblich fortschrittlichen Staaten wie Deutschland, USA, Großbritannien oder auch die Europäische Gemeinschaft? Gehen sie tatsächlich den Weg der Freiheit? Ich zweifle das an, denn was derzeit geschieht ist eine Folge vieler Fehlentwicklungen der letzten 10-15 Jahre und zeichnet ein erschreckendes Bild.
Schon seit Jahren versucht unter anderem die deutsche Regierung, den Bürger immer mehr zu überwachen. Bereits heute sind die technischen Möglichkeiten und gesetzlichen Regelungen umfangreicher, als dies in der ehemaligen DDR der Fall war. Über den Umweg der EU verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, Überwachungssysteme zu etablieren. Alles unter dem Deckmantel des internationalen Terrorismus, den man so bekämpfen will, oder aber man “vergewaltigt” unsere Kinder, in dem man deren Schutz als Grund heranzieht. Man macht dies – wie es schon oft in der Geschichte war – nur “zum Schutz der Bevölkerung”. Da fragt man sich, was einem lieber ist: Angst vor Terroristen, oder Angst vor einem Überwachungsstaat. Als erst kürzlich im vereinigten Königreich die Jugend auf die Straße ging, suchte man nicht nach den wahren Problemen und Ursachen, nein, man forderte die Möglichkeit, soziale Netzwerke und Kommunikationseinrichtungen abschalten zu können. Als dies vor einigen Monaten in einem arabischen Land gemacht wurde, hatte man sich noch darüber erzürnt. Und obgleich in Deutschland nach einer Bürgerinitiative und einer Petition die sogenannte “verdachtslose Vorratsdatenspeicherung” durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes gekippt wurde, bemüht sich die Bundesregierung dennoch fleißig weiter darum, mehr Kontrolle über das Internet zu bekommen. Auch Kanada strebt aktuell an, das Internet besser überwachen zu wollen und Kasachstan hat nahezu alle sozialen Netzwerke wegen angeblichen terroristischen Vorgängen komplett gesperrt. So gibt es zahllose Entwicklungen, deren Ziel es ist, das Internet – und dadurch die Gesellschaft – unter Kontrolle zu bekommen. Und das zum Wohle der gesamten Menschheit? Dass ich nicht lache!
Viele der Industriestaaten, die früher jede Form von Zensur, Kontrolle und Überwachung verurteilten, gehen heute dazu über, genau dies zu fordern und zu realisieren. Der Bürger hat keinen Überblick mehr darüber, was all die Änderungen an den Gesetzen bedeutet. Doch wehe uns, wenn das Puzzelspiel der Regierungen fertiggestellt ist, dann ändert sich alles. Ich mag mir nicht ausmalen was es für uns alle bedeutet, plötzlich nicht mehr frei die Meinung im Internet schreiben zu können, wenn wir nicht mehr die gegenwärtige Anonymität auf der Straße besitzen. Wenn wieder nur der Staat, also die Regierung, bestimmt, was richtig und was falsch ist. Wenn Menschen auch bei uns verfolgt und weg gesperrt werden, weil sie im Internet auffällig wurden, etwas “Staatskritisches” geschrieben haben oder einfach anderer Meinung sind. Wer glaubt, dass dies bei uns nicht passieren kann, der irrt sich. Schon heute sieht man, dass Menschen festgehalten werden (Beispiel Wikileaks und Julian Assange), weil sie den Regierungen zu gefährlich werden. Natürlich wird oft ein Vorwand verwendet. Wir als Bürger sind irgendwann nicht mehr in der Lage, frei zu entscheiden, uns frei zu entwickeln und uns sicher zu fühlen.
Ich möchte hier keine Verschwörungstheorie beschreiben oder Panikmache betreiben. Es muss nicht alles so kommen, aber die Gefahr besteht und es ist Fünf vor Zwölf. Wenn aus den Worthülsen der Politiker dann doch mal konkretes wird, werden wir uns alle wundern (Blau, vermute ich). Die Sache kippt schneller, als man glaubt. Es wäre nicht das erste mal in der Geschichte. Das Internet ist den regierenden über den Kopf gewachsen. Es hat den Menschen zu viel Macht gegeben und das ist vielen regierenden jetzt ein Dorn im Auge.
Es sind die Konservativen, die ewig gestrigen, jene, die nicht zu den “Digital Natives” gehören und die das Internet als den Teufel bezeichnen. Menschen, die sich nie wirklich mit dem Internet auseinandergesetzt haben, die an Jahrhunderte alten “Traditionen” der Macht festhalten und sich der Technik verschließen. Diese Menschen sitzen in den Regierungen und bestimmen über uns. Ob das für die Entwicklung der Menschheit gut ist? Die Politik schreit nach Zensur, sie erwägt anscheinend, dass Unterdrückung plötzlich doch wieder ein gutes Werkzeug der Politik sein könnte. Da sitzen Leute an der Macht, die früher für die Stasi gespitzelt haben und die wollen uns heute in eine bessere Zukunft geleiten? Ach herrjeh. Wer sich verändert hat, soll es beweisen. Aber gegenwärtig beweisen sie uns, dass sie aus der Vergangenheit nichts gelernt haben. Müssen wir denn alles immer wieder wiederholen? Gutes gerne, aber an so viel Mist, wie da verzapft wird, ersticken wir irgendwann.
Natürlich gibt es auch Bösewichte im Internet, denn das Internet spiegelt die gesamte Menschheit wieder. Doch das Netz ist nur ein weiteres Element dessen, was Menschen im allgemeinen sind und tun. Kriminalität gab und wird es immer geben, ob auf der Straße oder im Netz. Das darf und kann kein Grund sein die Meinungsfreiheit zu beschneiden, zu zensieren und zu diskriminieren. Selbst das abschalten des gesamten Internet würde nicht dazu führen, dass es keinen Terrorismus und keine Verbrechen mehr gebe. Das zu behaupten ist blanker Unsinn.
Eine ganze Generation von Menschen lebt in dieser digitalen, vernetzten Gesellschaft. Wehe dem, wenn diese ihre Gewohnheiten und Freiheiten weiter bedroht sehen. Und um die Sache noch zu dramatisieren: die Nutzer sind genau in der Altersklasse, wo man rebellisch und streitbar ist. Da wundere ich mich nicht, dass plötzlich die Jugend auf die Straße geht. Wenn die Politik so weitermacht, wird das noch viel schlimmer werden. Aber wer bitte ist hier der Bösewicht? Die Jugend? Wohl eher nicht.
Wir können unsere Kinder zum Schutz vor allem Bösen auch im eigenen Haus einschließen, wobei, so mancher Teufel lauert genau dort. Wir können alle Straßen und Plätze lückenlos überwachen, dann hätten wir Vollbeschäftigung und niemand hätte mehr Zeit für irgendwelche Dummheiten. Wir können uns selbst überwachen, indem wir all unsere Bewegungsdaten direkt an die Regierung schicken, aber auch dann ginge es uns nicht besser. Ganz gleich was wir auch tun, ein Risiko besteht immer, denn es ist das Leben und das Leben ist riskant. Ich kann damit leben einmal einem Verbrechen zum Opfer zu fallen. Aber ich will bis dahin in Freiheit und ohne Angst leben können. Kein Staat sollte seinen Bürgern die Entscheidung für die Lebensrisiken abnehmen dürfen. Wir müssen nicht bevormundet werden. Wir sind nicht die Terroristen, aber ihr macht aus uns welche. Denn ihr werdet uns überwachen, unsere Meinung zensieren und nichts die Verbrecher.
Die Menschheit ist nicht schlecht, nur einige. Damit können wir leben. Aber ohne Freiheit ist das Leben nichts wert.